
MODE, DIE GUT TUT
Das Magazin "MEILE BEWEGT" im Gespräch mit Reinhard Maas
Lesen Sie hier das Interview des Magazins "MEILE BEWEGT" mit Reinhard Maas, dem Gründer und Geschäftsführer von Maas Natur. Sie können es alternativ auch hier als PDF-Dokument herunterladen.
Was ist für Sie ein bewusster Umgang mit Mode, der uns gut tut?
Tun die Coronahilfen der Modebranche gut?
Wie ist ihre Einstellung zum Lockdown?
Wie gehen Sie als Unternehmer mit den sich ständig ändernden Verordnungen um?
Am wichtigsten ist mir, dass wir verlässliche Aussagen erhalten, damit wir überhaupt eine Zukunftschance haben und eine Perspektive entwickeln können. Zuerst sollte der Lockdown
bis zum 15.2. gehen. Darauf haben wir uns eingerichtet und neue Ware in unsere Läden gebracht. Nun hat man sich überlegt, den Lockdown um weitere drei Wochen zu verlängern. Die Vorbereitungen, um ein Geschäft wieder neu zu eröffnen, und die Planungen, wie viel Waren verkauft werden können, gehen jedoch nicht über Nacht. Und sehr wichtig sind uns unsere
Mitarbeiter*innen, für die wir uns verantwortlich fühlen. Sie benötigen alle eine Zukunftschance und Perspektive in ihrem Beruf. Und wir benötigen gut gelaunte und zuversichtlich denkende Menschen. So haben wir bis jetzt 100% Lohnausgleich gezahlt. Das war jedoch nur möglich, da wir trotz
der Krise gut über unseren Webshop verkaufen konnten. Die kleinen Einzelhändler haben diese Chance nicht und es geht ihnen viel schlechter als uns.
Lenkt uns Corona ab?
Ja. Alle anderen Probleme rücken in den Hintergrund, aber sie sind ja nicht weg, nur weil über Corona vordergründig berichtet wird. Wir dürfen den Blick darauf nicht verlieren, ob es nun um
unsere Kinder geht, die zu wenig Kontakt haben, die Einsamkeit der alten Leute, oder die Verzweiflung der Menschen, deren Arbeitsplatz nicht mehr sicher ist … Im Hintergrund „schmort“ es bereits sehr.
Schaut noch jemand auf die weltweiten Umweltprobleme?
Corona überdeckt alles mit einem Watteteppich und bremst Vieles aus. Die Ideen und Vorstellungen von Friday for future sind jedoch weiter aktuell und in den Köpfen vieler Menschen, dessen bin ich mir sicher, auch wenn weltweit gerade völlig außer Acht gelassen wird, das CO2 zu reduzieren und die Klimaerwärmung zu stoppen. Für 2021 haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, an diesem
Thema weiter zu arbeiten. Wir haben Gespräche mit einem Forstwirt geführt, mit dem wir uns eine Patenschaft vorstellen können für eine größere Forstfläche. Das wäre etwas Greifbares und Reales. Das ist mir lieber, als Zertifikate zu kaufen und dadurch ein gutes Gewissen zu haben. Im Sinne der Gemeinwohlökonomie und einem bewussten nachhaltigen Umgang mit unserer Welt achten wir darauf, einen Ausgleich zu schaffen und umweltbewusst zu agieren. Wir produzieren unseren eigenen Strom auf dem Dach, haben E-Autos angeschafft und vermeiden soweit möglich CO2.
Möglichst kurze Transportwege sind uns wichtig und regionale Partner.
Es scheint eine Besinnung zu geben, Produktionsstätten wieder nach Deutschland zu holen.
Regionalität macht Sinn?
Wir haben zwei Strickereien vor Ort, mit denen wir sehr gut zusammen arbeiten. Gerade jetzt, da durch die Coronakrise Transportschwierigkeiten bestehen, ist es ein großes Plus für uns, dass unsere Lieferanten im nahen Umfeld sind. Wir freuen uns sehr, dass es noch Hersteller gibt, die in Deutschland produzieren. Es scheint auch einen Corona bedingten Trend und eine Besinnung
zu geben, Produktionsstätten wieder nach Deutschland zurückzuholen. Firmen, die in Fernost produzieren lassen, haben durch die Pandemie nun Probleme. Die Container sind knapp und
Frachtraten haben sich verdreifacht. So werden auch die „billig“ produzierten Produkte, die um die halbe Welt reisen, weniger Gewinn erbringen und noch fragwürdiger.
Was sagen Sie dazu, dass die EU weitere sieben Jahre konventionelle Landwirtschaft fördert ?
Das ist völlig daneben. Politikerin Frau Klöckner redet nur für die Interessen der Lebensmittelindustrie und der Bauern, die nicht einsehen, dass wir etwas ändern müssen. Der Verbraucherschutz gehört eigentlich auch zu ihrem Bereich. Den hat sie jedoch gar nicht mehr im Fokus. Ich empfinde sie als die schlechteste Besetzung seit langem.
Können wir selbst etwas tun oder nur die Politik?
Wenn wir auf die Politik warten, dauert es wahrscheinlich zu lange. Ich bin lieber jetzt aktiv und tue mein Möglichstes. Wenn das Viele machen, hat es eben doch eine Wirkung. Eigenes Handeln
verändert. Bestes Beispiel war aktuell die Schneekatastrophe. Viele Leute schienen hilflos und riefen bei den Ämtern an, dass da jemand zum Schneeräumen kommen müsse, anstatt selbst die Schüppe in die Hand zu nehmen und aktiv zu werden. Das scheint so typisch für unsere Gesellschaft
zu sein. Was ist mit den Menschen los? Wer anderen geholfen hat, wurde zum Teil ja sogar noch belächelt nach dem Motto: „Bist du blöd, dass du das machst… ist doch nicht deine Aufgabe…“. Wenn jeder nur das macht, was er machen muss, dann bleiben wir ein egoistisches Volk. Das bringt uns nicht weiter. Aus meiner Sicht tut uns Engagement auch selbst sehr gut. Und Freude und Dankbarkeit im Sinne des Miteinanders auch. Bevor ich mir ein neues Auto kaufe, kann
ich doch überlegen, ob ich es überhaupt brauche, und mit dem Geld z.B. Organisationen unterstütze, die etwas für das Allgemeinwohl tun und damit die Gesellschaft insgesamt stärken. – Und na klar, sollten wir auf jeden Fall auf die Politik schauen, wie viel sie beigetragen hat zum Allgemeinwohl und wer überhaupt noch wählbar ist, wer welche Interessen verfolgt, wem das Geld lieber ist oder eine gesunde Welt.
Jedes Textilstück aus Bio-Baumwolle schont die Böden, Insekten, Wasser und die Menschen.

Ökologische Mode tut allen gut?
Jedes Textilstück, das aus Biobaumwolle besteht, ist mit weniger Pestizideinsatz zu verbinden. Weniger Pestizide schonen das gesamte Ökosystem: Böden, Insekten, Wasser und die Menschen.
Das sollte jeder Verbraucher*in bewusst sein. In diesem Rahmen kann jeder Mensch etwas mit seiner Kaufentscheidung bewusst verändern. Naturtextilien schonen auch in anderen Bereichen die Umwelt. Wenn ich Kunstfasern wasche, gerät durch den Abrieb immer wieder Mikroplastik in das Wasser und damit in die natürlichen Kreisläufe. Naturfasern belasten das Wasser nicht.
Naturtextilien sind gut für unsere eigene Gesundheit?
Die Kleidung, die wir tragen, liegt täglich viele Stunden auf unserer Haut. Nicht nur über die Nahrung, sondern auch über die Haut können Schadstoffe in den Körper gelangen. Immer mehr Menschen achten mittlerweile darauf, was in den Textilien, die sie tragen, enthalten ist, denn viele reagieren mit Hautunverträglichkeiten und Allergien. Der Körper kann ganz anders atmen, wenn die Haut über Naturtextilien belüftet wird.
Kosten und Nutzen?
Das Argument, dass man sich ökologische Mode nicht leisten könne ist in sich nicht stimmig. Denn mit dem Kauf von Billigtextilien, die meistens nicht lange halten und daher schnell entsorgt werden, gibt man durch ständige Neukäufe wahrscheinlich mehr Geld aus als mit einem deutlich länger
haltbaren umweltfreundlich produzierten Textil, in dem sich der Mensch wohl fühlt und Haut und Mensch geschützt sind. Wir freuen uns über jeden Menschen, der sich über diese Dinge Gedanken macht. Es geht mir nicht um den erhobenen Zeigefinger. Jeder Mensch soll selbst entscheiden, was ihm gut tut oder nicht so gut tut und was mittel- und langfristig Sinn macht.
Wir danken unseren Kund*innen sehr, dass sie mitgeholfen haben, 250.000 Euro zu spenden.
Sie haben 250.000 Euro für wohltätige Zwecke gespendet. Trotz Corona und Lockdown war das möglich?
Da wir verschiedene Vertriebsquellen haben, konnten wir unsere Verluste durch den Webshop ausgleichen. Uns kam die Idee, die Mehrwertsteuer-Ermäßigung von 3% weiterzugeben
für wohltätige und ökologisch arbeitende Organisationen. Und wir sind unseren Kund*innen dafür sehr dankbar, dass Sie das unterstützt und damit mitgetragen haben. Es war eine tolle Erfahrung, dass auch in schwierigeren Zeiten gemeinsam Vieles möglich ist. Die Kund*innen haben jeden Monat von Juli bis Dezember 2020 über unseren Webshop vier Organisationen vorgeschlagen. Das gleiche System haben wir auch in unseren elf Läden realisiert. Jeden Monat wurde dort ein Projekt ausgewählt. So haben wir Obdachlose, alleinerziehende Mütter, Frauenhäuser, Baumpflanzungsprojekte, ökologische Stationen und auch einige nationale Projekte wie die Asylantenhilfe und die Seenotrettung unterstützen können.
Unabhängig davon fördern wir seit Jahren Projekte in Afrika. Auch Amnesty international
ist dabei. In Kenia haben wir ein soziales Projekt unterstützt, dass für Kinder eine Schule und ein Waisenhaus gebaut hat. Gerade jetzt entsteht dort ein Krankenhaus. Wir haben Ausbildungsplätze für Schneiderinnen eingerichtet. Im Prinzip ist das eine einfache Geschichte. Es geht darum, dass
die jungen Menschen nach der Schule eine vernünftige Ausbildung absolvieren können. So können sie sich eine kleine Selbständigkeit und mehr Unabhängigkeit aufbauen, anstatt auf der Straße zu stehen. Uns macht es sehr viel Freude, den Lebensweg dieser Menschen zu sehen und dass sie eine
Chance haben.
Überhaupt macht es uns Freude zum Wohle der Gemeinschaft agieren zu können. Vielleicht bewegt die Corona-Krise ein Umdenken.